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Berliner Organisation Psychiatrie-Erfahrener und Psychiatrie-Betroffener

Berliner Landesorganisation des Bundesverbandes Psychiatrie Erfahrener BPE e.V.

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Pressemitteilung zum Entwurf des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (PsychKG) vom 3.4.2014

Berlin – 07.11.2014 – Durch die momentane Novellierung des Psychisch-Kranken-Gesetz Berlin (kurz: PsychKG) gibt es eine historische Chance, Psychiatrie auf der Basis der Freiwilligkeit weiterzuentwickeln. Diese sollte unbedingt politisch ergriffen werden.

Das PsychKG, das u.a. die landesweite Zwangseinweisung von Menschen mit akuten psychiatrischen Diagnosen regelt, wird derzeit im Eiltempo neu aufgelegt. Gesundheitssenator Mario Czaja forderte die Berliner Organisation Psychiatrie-Erfahrener und Psychiatrie-Betroffener (BOP&P) e.V. Mitte April 2014 zu einer Stellungnahme des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (PsychKG) auf. Die Stellungnahme von BOP&P e.V. erfolgte wie aufgefordert bis 31.5.2014. Politische Entscheidungsträger müssen sich derzeit bewusst werden, dass grundsätzliche Rechte von Menschen mit psychiatrischen Diagnosen im gesamten Bereich der Psychiatrie fehlen. Dadurch kann es aufgrund schlechter Behandlung zu einer großen Zahl von Chronifizierungen kommen. Dies kann langfristig zu sozialer Ausgrenzung, Arbeitslosigkeit und zu körperlichen und organischen Krankheiten führen.

Obwohl sich die Zwangsbehandlung mit Medikamenten im letzten Jahr über §1906 BGB verändert hat, soll diese mit der Reformierung des Berliner PsychKG jetzt wieder eingeführt werden, was verfassungswidrig wäre. Dies hat auch die Monitoringstelle zur UN-Behindertenrechtskonvention Ende April 2014 bekräftigt. Konkret hat BOP&P e.V. in Zusammenarbeit mit der Beschwerde- und Informationsstelle Psychiatrie in Berlin (BIP) und dem Landesverband Angehörige psychisch Kranker Berlin e.V. folgende Verbesserungsvorschläge erarbeitet:


Zwang und Gewalt in Kliniken darf es nicht mehr geben. Menschen mit psychiatrischen Diagnosen dürfen nicht auf die drei „s“ – still, satt, sauber – reduziert werden. Innerhalb des psychiatrischen Systems ist ein Paradigmawechsel von Nöten: Weg von „Compliance“ (dt. Unterwerfung) und hin zu Empathie, Zuneigung und zwischenmenschlicher Wärme. Grundsatz: Der Betroffene kennt sich selbst am besten und kann auch in gesundheitlich schwierigen Situationen einschätzen, was ihm oder ihr gut tut und was nicht. Selbstbestimmung hat immer Vorrang.

Soll ein Mensch mit psychiatrischer Diagnose rechtlich in der geschlossenen Psychiatrie untergebracht werden, so soll dieser bei der Anhörung durch einen Richter einen kostenfreien Rechtsanwalt zur Seite gestellt bekommen. Des Weiteren muss das Gericht diesen anhören, bevor er oder sie einer medikamentösen, neuroleptischen Behandlung unterzogen wird, damit sich das Gericht einen unverfälschten Eindruck vom Menschen machen kann.

Da medikamentöse Zwangsbehandlungen einen schwerwiegenden Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit darstellt, muss – falls der Patient nicht in der Lage ist, seine Grundrechte selbstbestimmt wahrnehmen zu können und diese angeordnet werden – die klinische Einrichtung die Genehmigung eines Richters oder einer Richterin im Voraus einholen. Das Klinikpersonal muss verpflichtend in Notfallsituationen zur Deeskalation, therapeutischen und pädagogischen Maßnahmen beitragen und diese Schritte dokumentieren. Im Falle von Fixierungen müssen zwingend Sitzwachen des Personals organisiert und umgesetzt werden. Die Fixierungen müssen stündlich durch einen Arzt bzw. eine Ärztin überprüft werden und sobald der Zweck der Fixierung nicht mehr erfüllt ist, muss diese umgehend aufgehoben werden. Fixierungen und andere Maßnahmen sind darüber hinaus auf maximal 24 Stunden zu begrenzen, ausführlich zu dokumentieren und es sollte zeitnah ein reflektierendes Gespräch mit einem Arzt oder einer Ärztin und einer Person seines Vertrauens stattfinden.

Bei einer gegenwärtigen Gefahr für Leben oder Gesundheit einer Person oder von Dritten ist in diesem Entwurf des PsychKG ein Absatz vorgesehen, nachdem der zuständige Sozialpsychiatrische Dienst sich Zutritt in die Wohnung des Betroffenen ohne dessen Einwilligung verschaffen und eine ärztliche Untersuchung durchführen darf. Dieser Absatz soll komplett gestrichen werden, da er u.a. gegen das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (§10 GG) sowie das BRK-Recht auf individuelle Autonomie verstößt

Es sollen trialogische Besuchskommissionen eingesetzt werden, die mindestens einmal jährlich alle psychiatrischen Einrichtungen und die des Maßregelvollzugs besuchen. Die Besuche werden kurzfristig oder in Ausnahmen gar nicht angekündigt. Der anzufertigende Bericht wird den jeweiligen Einrichtungsleitern und dem Qualitätsmanagement vorgelegt. Werden Mängel nicht behoben, wird der Bericht zusätzlich den zuständigen Behörden vorgelegt. Einmal jährlich legen die Besuchskommissionen einen Gesamtbericht dem Landespsychiatriebeirat vor.

Die bereits bestehende Beschwerde- und Informationsstelle für Psychiatrie Berlin wird durch das Berliner PsychKG weiter gestärkt. Sie koordiniert u.a. die Arbeit der Besuchskommissionen.

BOP&P e.V. hat in der Unterarbeitsgruppe PsychKG des Landespsychiatrie-Beirats die gemeinsamen Verbesserungsvorschläge unterbreitet. Die gemeinsamen Verbesserungsvorschläge zur Normenprüfung des Berliner PsychKG wurden der Monitoringstelle des Deutschen Instituts der Menschenrechte zur Umsetzung der BRK auf Berliner Ebene eingereicht.

Seit 2004 setzt sich BOP&P e.V aktiv für die Interessen Psychiatrie-Erfahrener ein. Der gemeinnützige Verein hat u.a. eine Krisenpension mit aufgebaut und ist in verschiedenen landesweiten und bezirklichen Gremien vertreten.

Mit herzlichen Grüßen

(Reinhard Wojke)           (Andreas Liebke)
Vorstand BOP&P e.V.   Vorstand BOP&P e.V.

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